Bautzener Tageblatt vom 10.11.1933
Die Luther-Linden am Friedhofsportal zu Hochkirch
Eingang zur Ruhe! So lautet die Inschrift über dem Friedhofsportal zu Hochkirch. – Aber nicht nur diese Inschrift gibt dem Friedhof schon von außen einen besonderen Charakter, sondern vor allem die seitwärts des Friedhofsportals stehenden, zur Lutherfeier am 10. November 1883 angepflanzten und eingeweihten Linden. Zur Erinnerung an jenen Tag ist an der Innenseite der Friedhofsmauer neben dem Portal folgende Erinnerungstafel angebracht worden: „Diese Linden pflanzte die erwachsene Jugend bei der Lutherfeier 1883“.
Oft und gern denken die alten Leute an jenen Tag noch zurück: denn dieser Tag ist für sie eine ganz besondere Begebenheit gewesen. Vormittags wurde anläßlich des 400. Geburtstages unseres Reformators Dr. Martin Luther ein besonders feierlicher Festgottesdienst veranstaltet. Hierbei hielt der damalige amtierende Pfarrer Kubitz die Festpredigt. Nachmittags stellten dann die Jugend die Schulkinder und die Vereine zu einem gewaltigen Festzug durch den Ort. Hierbei wurden zwei herrlich gewachsene Linden aus dem Gebüsch des Herrn Gutsbesitzers Hetschick aus Zschorna mitgeführt und nach dem Festzug vom damaligen Gärtner von Hochkirch, Herrn Bäßler, neben dem Friedhofsportel eingepflanzt. Ja, das war eine besondere Feier anläßlich des 400. Geburtstages des Reformators unserer evangelisch-lutherischen Kirche. Jener Tag wurde abgeschlossen mit einem herrlichen Lampionzug durch den Ort Hochkirch.
Das Fest ist verrauscht – aber die Erinnerung an jenen Tag wird hier in Hochkirch ewig lebendig bleiben. Die deutschen Linden, welche seitlich des Friedhofsportals stehen, sind im Laufe der vergangenen 50 Jahre groß und mächtig geworden. Die Heldendenkmäler von 1758 und von 1870/71 werden bei Sonnenschein so herrlich beschattet, und es scheint geradezu, als ob diese Heldendenkmäler unter dem Schutz der deutschen Linden stehen, unter den sich mächtig ausbreitenden Aesten der Linden. Unter dem Friedhofsportal ist schon so mancher hindurchgegangen – und wenn die Lindenbäume erzählen könnten, so würde es vielleicht so manchem weh ums Herz werden, die anderen sich aber wieder herzlich freuen können über das Erlebte und mit dem vielleicht verbundenen Familienglück. – Ja, wenn diese Linden erzählen könnten.
Bei dieser Gelegenheit, wo nun am 10. November 1933 unser Dr. Martin Luther seinen 450. Geburtstag hat, wollen wir aber nicht vergessen, auch einen Gang ins Gotteshaus zu tun. An der Nordseite neben dem Heldendenkmal von 1914/18 erblicken wir eine Tafel, auf welcher sämtliche seit der Einführung der Reformation in Hochkirch amtierenden Pfarrer verzeichnet sind. Auch diese kann ein Zeugnis davon abgeben, wie sich der evangelisch-lutherische Glaube entwickelt und um seine Existenz gekämpft hat. Hochkirch ist mit eine der ersten Kirchgemeinden, in welcher die Reformation ihren Einzug hielt. Wann das erste Gotteshaus hier errichtet wurde, ist nicht mehr festzustellen. Das jetzige Gotteshaus, um welches sich der Ueberfall bei Hochkirch abspielte und das auch zur Zeit der Befreiungskriege Furchtbares erlebte, ist in den Jahren 1717 bis 1720 erbaut worden. Der Kirchturm wurde erst 30 Jahre später errichtet, im Jahre 1750, also acht Jahre vor dem furchtbaren Ueberfall. Er und die Kirche haben aber allem Unheil standgehalten. Der erste evangelische Pfarrer in Hochkirch war N. Urbanus 1540. Ihm folgten dann Matthäus Johannes N. 1545-1553; Donatus Möller 1553-1575; David Ziegler 1575-1586; Matthäus Hänisius 1586-1600; Gregorius Martini 1600-1605; Salomo Möller 1605-1626; Caspar Wehlan 1627-1633; Johann Wehlan 1634-1638; Martin Buder 1639-1658; Christian Küffner 1659-1708; Johann Wauer 1708-1728 (in dieser Zeit wurde das Gotteshaus erbaut); M. Samuel Gotthold Krüger 1729-1737; Johann Friedrich Lange 1739-1757 (in dieser Zeit wurde der Kirchturm erbaut); im Kriegsjahr 1758 war der Ort ohne Pfarrer; George Janke 1759-1794; Carl Gottlieb Janke 1795-1825; Michael Möhne 1826-1868; Peter Lahode 1868-1881; Karl August Kubitz 1881-1910. Bereits seit1908 ist der jetzige Pfarrer Mürbe im Amt. Erst vor Kurzem war es ihm vergönnt, sein 25jähriges Amtsjubiläum zu feiern.
Möge sich auch die Zukunft unserer evangelisch-lutherischen Kirche vor allem für unsere Hochkircher Kirchgemeinde nach dem Vorbild des Reformators der evangelisch-lutherischen Kirche, unseres Dr. Martin Luther, entwickeln und gestalten.
(Erich Mirtschin, Hochkirch)