Johann Wauer / Jan Wawer entstammte einer Meschwitzer Bauernfamilie. Nach Abschluss der Schulbildung in Bautzen studierte er in Leipzig Theologie. In seiner Heimatgemeinde Hochkirch wirkte er seit 1702 als Hilfsgeistlicher unter Pfarrer Christian Küffner. 1703 heiratet er dessen Enkeltochter Johanna Sophia Martini (Ihre Mutter war Anna Sophia geb. Küffner). Nach dem Tode Pfarrer Küffners im Jahre 1708 wurde Johann Wauer dessen Nachfolger im Amt.
Wauer gehörte zu den Herausgebern des ersten sorbischen Gesangbuches und der ersten sorbischen Bibel. Das Gesangbuch erschien 1710 nach siebenjähriger Sammlungs- und Übersetzungsarbeit einer Kommission, dessen jüngstes Mitglied Wauer war. Bereits 1719 ließ er als alleiniger Herausgeber eine um 42 Choräle erweiterten Neuauflage des Gesangbuches folgen. Die erste sorbische Gesamtbibel erschien 1728. An ihrer Übersetzung hatte Wauer gemeinsam mit Johann Lange (Jan Langa) in Milkel, Matthäus Jokisch (Matej Jokiš) in Gebelzig und Johann Böhmer (Jan Bĕmar) in Großpostwitz von 1716 bis 1727 gearbeitet. Des weiteren übersetzte Wauer das Augsburgische Bekenntnis in die sorbische Sprache und war darüber hinaus als Dichter in lateinischer Sprache bekannt.
Mit seiner Übersetzungs- und Herausgebertätigkeit hat sich Johann Wauer große Verdienste um die Verbreitung des Wortes Gottes unter den Sorben und um die Entwicklung der sorbischen Schriftsprache erworben. Er gehört zu den Großen der sorbischen Kulturgeschichte.
Sein Grabmal - eine Sandsteinplatte von 172 x 82 cm - befindet sich seit 2003 im Eingangsbereich der Hochkircher Kirche, zuvor befand er sich an der westlichen Kirchhofsmauer. Die Inschrift lautet:
„Hier ruhet in seinem Gott der Weyl. Wohl Ehrwürdige Großachtbare u. Wohlgelahrte Herr Johann Wauer war geb. den 18. Aug. 1672 in Meschwitz, Pastor Substitutus in Hochkirch, Anno 1702 Mens. Julio Pastor A. 1708 Mens. Majo Heyrathet Die Wohl Edle, Sitt- u. Tugendbelobte Jgfr. Johanna Sophiam Matinin Anno 1703 Mes. Nov. zeuget 10 Kinder, 6 Söhne 4 Töchter, davon 3 Söhne u. 2 Töchter dem Hrn. Vater in der Seel. Vorangegangen. Er starb A 1728 d. 6. Maij 56 Jahr weniger 6 Monath in der ... 26 Jahr aber im Amtstand. Leichen Text: Röm XIV. 7.8.9. Unser keiner lebt ihm selber usw.“
Jan Wawer - sěrjer Bozeho słowa mjez Serbami
Swětło ludźi, twarjerjo wěry, wučerjo prawdy - takle wuchwalowachu nědy muzow, kiz běchu serbskemu ludej darili Boze słowo w maćernej rěči. Do sławjenych słusa farar Wawer-Bukečanski, sobuwudawar prěnich serbskich Spěwarskich a prěnjeje serbskeje biblije.
W nadawku wysnosće započa w lěće 1703 skupinka duchownych na tym dźěłać, zo bychu ewangelscy Serbja skónčnje dóstali Spěwarske w swojej rěči. Styričłonskej komisiji, kiz mějese kěrluse zestajeć, přisłusese jako najmłódsi Bukečanski pomocny prědar. Jan Wawer. Zo třicećilětnemu muzej, kiz njebě ani hisće we farskim zastojnstwje, tajki nadawk přicpěchu, swědči wo jeho duchownych kmanosćach. Po wjacelětnym dźěle zběranja, přełozowanja a předźěłanja kěrlusow wuńdźechu prěnje serbske Spěwarske w lěće 1710.
Po tym Jan Wawer, kiz bě mjeztym farar w Bukecach, dale na dobro Serbow pisase. Přełozi Augsburgske wěrywuznaće do serbsćiny a wuda sam w lěće 1719 z nowymi kěrlusemi wobohaćene Spěwarske. Nimo teho da so znowa powołać do komisije, w kotrejz mějese zhromadnje z třomi dalsimi duchownymi přihotować wudaće prěnjeje serbskeje biblije. Jědnaće lět, wot 1716 do 1727, trajese sprócnie dźěło. 1728 skónčnje dóstachu Horni Serbja swoju prěnju bibliju. W samsnym lěće farar Wawer, hakle 55 lět stary, zemrě.
Za nas je dźensa samozrozumliwe, zo mamy serbsku bibliju a serbske spěwarske. Hdyz je do rukow wozmjemy, měli hdys a hdys z dźakom pomyslić na tych, kiz su tutej drohotnej knize za swój lud nadźěłali.
Jan Wawer narodźi so 1672 w Mjesicach pod Čornobohom. Spominamy na njeho składnostnje jeho 325. narodninow.
(Trudla Malinkowa) Pomhaj Bóh 47 (1997) strona 7
Die Familie Johann Wauers
0.1 WAUER Martin
* ca.1650 (Bauer)
1. WAUER Johann * 18.08.1672 Meschwitz † 06.05.1728 Hochkirch > 1.1
Generation 1
1.1 WAUER Johann < 0.1
* 18.08.1672 Meschwitz † 06.05.1728 Hochkirch
Vater: Wauer Martin
oo 11.1703 MARTINI Johanna Sophia * 14.11.1686 Bautzen † 01.12.1747 Großradisch Eltern: Martini Andreas , Küffner Anna Sophia
1. Wauer Johann Christian * 23.11.1706 Hochkirch † 10.12.1766 Rodewitz / Hochkirch > 2.1
2. Wauer Christiana Concordia * 21.12.1709 Hochkirch † . >.1743
3. Wauer Gottlieb Daniel * 21.10.1711 Hochkirch † 29.01.1770 Großradisch > 2.2
4. Wauer Christian Gottfried * 13.12.1713 Hochkirch
5. Wauer Carl Gottlob * 22.07.1715 Hochkirch
6. Wauer Andreas Gottrau * 15.06.1719 Hochkirch
7. Wauer Christian Friedrich * 01.04.1721 Hochkirch
8. Wauer Margarethe Tugendreich * 25.09.1726 Hochkirch
Generation 2
2.1 WAUER Johann Christian < 1.1
"Rev. minist. Cand. War in Hochkirch geb. wo sein sel. Vater, Hr. Joh. Wauer Pastor gewesen. Studierte auf der Fürstenschule Meissen, und alsdann in Leipzig. Trat den 6. Oct. 1728 in die Oberlausitzische wendische Predigergesellschaft, und verblieb in derselben bis den 21. Nov. 1730. Starb den 10. Dec. 1766 in Rodewitz, und wurde nach Hochkirch begraben." (Kurzer Entwurf einer Oberlausitz-wendischen Kirchenhistorie, S. 150)
* 23.11.1706 Hochkirch † 10.12.1766 Rodewitz Eltern: Wauer Johann , Martini Johanna Sophia
1. WAUER Johann * ca.1750 † 1778 Rodewitz / Hochkirch
2.2 WAUER Gottlieb Daniel < 1.1
* 21.10.1711 Hochkirch † 29.01.1770 Großradisch (Pfarrer in Großradisch) Eltern: Wauer Johann , Martini Johanna Sophia
oo 03.12.1748 FABRICI Eleonore Sophie * 26.02.1720 Mulkwitz † 12.02.1788 Großradisch
1. Wauer Johanne Sophie * 07.01.1750 Großradisch † 19.10.1799
2. Wauer Charlotte Tugendreich * 09.09.1752 Daubitz
3. Wauer Christiane Eleonore * 01.07.1757 Großradisch † 05.12.1758 Großradisch
4. Wauer Christiane Eleonore * 22.07.1759 Großradisch
5. Wauer Henriette Erdmuth * 19.07.1762 Großradisch † 04.07.1783
Generation 3
3.1 WAUER Johann 28Jhr < 2.1
* ca.1750 † 1778 Rodewitz Vater: Wauer Johann Christian
oo N.N. Agnes / Catharina * ca.1750
1. Wauer Agnes * . .1775 Rodewitz
2. Wauer Johann * . .1776 Rodewitz † . .1813 Hochkirch > 4.1
Generation 4
4.1 WAUER Johann < 3.1
* 1776 Rodewitz † 1813 Hochkirch Eltern: Wauer Johann , N.N. Agnes /. Catharina
oo 1801 Hochkirch HUSACK Gertraud 56Jhr * 1781 Hochkirch † 1837 Hochkirch Eltern: Husack Martin , Rentsch Maria
1. Wauer Maria * . .1803 Hochkirch † . .1804 Hochkirch
2. Wauer Andreas * . .1807 Steindörfel † . .1872 Kuppritz > 5.1
3. Wauer Maria * . .1811 Steindörfel > 5.2
4. Wauer Adam * . .1813 Hochkirch
Generation 5
5.1 WAUER Andreas < 4.1
* 1807 Steindörfel † 1872 Kuppritz Eltern: Wauer Johann , Husack Gertraud
oo 1837 Hochkirch RENTSCH Anna * ca.1800 Kuppritz † 1882 Neukuppritz Eltern: Rentsch Andreas , Vogel Johanna Christiana
5.2 WAUER Maria < 4.1
* 1811 Steindörfel Eltern: Wauer Johann , Husack Gertraud
oo 1831 Hochkirch GÖßEL Karl Gottlieb * ca.1805
Michael Möhn / Michał Mjeń wurde am 31. August 1793 geboren. Er entstammt der Familie eines Bautzener Bürgers und Fleischers. Während seiner Gymnasialzeit nahm er im Range eines Rittmeisters als Freiwilliger an den Kämpfen gegen Napoleon teil. Als Student der Theologie in Leipzig war er Mitglied der dortigen Lausitzer Predigergesellschaft. Von 1823 bis 1826 wirkte er als Pfarrer in Malschwitz, von 1826 bis zu seiner Emeritierung 1868 in Hochkirch. 1825 wurde er in Löbau mit Maria Kunigunde Hesselbach (eine Tochter des Anatomieprofessors Franz Kaspar Hesselbach) aus Würzburg getraut. 1826, 1827 und 1830 wurden dem Paar die Kinder Polydor Arthur Johann, Maria Jurunde Hortensia und Michael Armar Luitpold geboren. Die beiden jüngeren Kinder starben jedoch jung. Der erstgeborene wurde dann später Landgerichtsrat in Dresden. Den Ruhestand verlebte Michael Möhn zunächst in Bautzen, zuletzt in Dresden. Er starb in Dresden am 07. November 1875 und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in Hochkirch beigesetzt. Von der Ehrerbietung, die ihm entgegengebracht wurde, zeugt ein vom Volksdichter H.P. (Handrij Pawoł / Andreas Paul aus Meschwitz) im Auftrag verfasstes und in den Serbske Nowiny vom 27.11.1875 veröffentlichtes seinem Andenken gewidmetes Gedicht:
Sso wjele ßysow pscheliwachu
We bukicźanskej woßadźe,
Hdyź swonow synki sawołachu:
Wasch duschow pastyŕ wunirjeł je!
Po dołhej ßwĕrnej dźĕławoscźi,
Boh knjes tam Jaho sawoła;
Tam w ßwojeh' Knjesa wjeßełoseźi
Mĕr wĕczny Wón nĕtk wuziwa.
... (es folgen neun weitere Strophen)
Möhn gehörte zu den führenden sorbischen evangelischen Geistlichen seiner Zeit. Neben seiner Amtstätigkeit setzte er sich stets für die rechte des sorbischen Volkes ein. 1834 reichte er mit 17 weiteren sorbischen evangelischen Pfarrern an die Sächsische Ständeversammlung eine Petition nach gesetzlich garantiertem Gebrauch der sorbischen Sprache im Schulunterricht ein. Da diese Petition am 19. August 1834 in Hochkirch unterzeichnet wurde, war Möhn vermutlich maßgeblich an deren Ausarbeitung beteiligt. Die Petition war von außerordentlicher Bedeutung für die Einbeziehung der sorbischen Sprache in den Schulunterricht in Sachsen. Während der Revolutionsjahre 1848/49 beteiligte sich Möhn an der Bauernbewegung. Vorgeschlagen vom Sorbischen Bauernverein Hochkirch, kandidierte er in den Dezemberwahlen für den Sächsischen Landtag, wurde jedoch nicht gewählt. 1847/48 gehörte er zu den Erstunterzeichnern der Forderung nach sorbischen Gottesdiensten in Dresden. Seit 1847 war er Mitglied der sorbischen Volksbildungs- und Wissenschaftsgesellschaft Maćica Serbska.
1836/37 gehörte Möhn zur Gruppe sorbischer Geistlicher, die einen neuen Anhang zum sorbischen Gesangbuch schufen. Darin fanden auch einige von ihm übersetzte Choräle Aufnahme. Mehrere Jahre hatte er den Vorsitz der Konferenz sorbischer evangelischer Geistlicher in Sachsen inne. Von 1862 bis 1867/68 war er verantwortlich für die Durchführung der sorbischen evangelischen Gottesdienste in Dresden, die vier Mal jährlich in der Kreuzkirche stattfanden.
Für seine Verdienste wurde Möhn am 15.12.1861, am Tag seines 38. Pfarrerjubiläums, vom sächsischen König Johann mit dem Kreuz des Albrechtsordens ausgezeichnet.
Möhn, Michał, + 7. novembera 1875 jako faraŕ emeritus wor Bukec a ryćeŕ albrechtskeho rjada w Drezdźanach a bu do Bukec pohrjebany. Rodźeny bě 31. awgusta w Budysinje pod hrodom, hdźez bĕ jeho nam mĕsćan a rĕznik. W času swojeho studowanja w Budysinje stupi z druhimi tehdom studowacymi młodźencami do khĕzorskeho wójska a ćehnjese jako rytmistr sobu přećiwo Napoleonej. Po skónčenju wójny poda so zaso na gymnasij w Budysinje a 1817 do Sipska, hdźez bĕ tez sobustaw serbskeho prĕdaŕskeho towaŕstwa. 1823 bu za fararja do Malesec a 1826 do Bukec powołany, hdźez je z wulkey horliwosću a swěrnosću w Knjezowej winicy dźĕłał, tak zo bu tez wot njeboh krala Jana wokoł lĕta 1860 z albrechtskim rjadom wupyseny. W lěće 1868 stupi staroby dla ze słuzby a prĕbywase potom w Budysinje a naposledku w Drezdźanach. Wón bě dołhe lĕta předsyda serbskeje duchowneje konferency b Budysinje a je tez wot 1862-68 serbske kemse w Drezdźanach ze wsej swěrnosću wobstarał. A lĕach 1836 a 37 słusese wón sobu k wubjerkej serbskich duchownych, kiz mĕjese nowy přidawk za serbske spĕwaŕske wobstarać. Do tuteho je wón sam nĕkotre khĕrluse přełoził. Jedyn serbski nastawk wot njeho namaka so tez w Zerničcy 1849 pod napismom: carwine kubła.
Jenć, Karola Awgust: Zemrĕći spisowarjo hornjołuzikich ev. Serbow wot 1800-1877, Časopis Maćicy Serbskeje 30 (1877), S. 59
Karl August Kubitz / Korla Awgust Kubica wurde am 23.05.1842 geboren. Er entstammte einer Bauernfamilie in Spohla bei Hoyerswerda. Das Gymnasium absolvierte er in Görlitz und Cottbus, das Theologiestudium in Breslau und Erlangen. Seit 1870 wirkte er als Vikar in Glatz, seit 1871 als Pfarrer in Lauta, seit 1876 als Pfarrer in Wilthen und schließlich von 1881 bis zu seiner Emeritierung 1910 als Pfarrer in Hochkirch. Im Ruhestand lebte er in Bautzen, Jägerstraße 23, II.
Seit seiner Übersiedlung in die sächsische Oberlausitz 1876 beteiligte sich Kubitz rege an sorbischen Aktivitäten. 1876 wurde er Mitglied der obersorbischen Volksbildungs- und Wissenschaftsgesellschaft Maćica Serbska; 1880, in deren Gründungsjahr, trat er der niederlausitzer Maśica Serbska bei. Viele Jahre war er Mitglied und von 1897 bis 1912 Vorsitzender des Ausschusses der Maćica Serbska. Seit 1894 wirkte er in der Hochkircher Umgebung als Vertrauensmann für den Bau des Wendischen Hauses in Bautzen.
Pfarrer Kubitz bereicherte und förderte in herausragender Weise das sorbische Kultur- und Vereinsleben in Hochkirch. An den Versammlungen des hiesigen sorbischen Vereins nahm er in der Regel teil, oft auch als Redner und Vortragender. 1883 bewegte er den Verein zum Beitritt in den Unterstützungsverein für studierende Sorben. Für seine Verdienste ernannte ihn der Hochkircher sorbischer Verein zu seinem Ehrenmitglied. Auf allen während seiner Amtszeit in Hochkirch stattfindenden Jahrestreffen der sorbischen studierenden Jugend – 1883, 1894, 1907 – trat er als begeisternder Redner auf, ebenso auf dem Treffen sorbischer Vereine 1909 in Hochkirch.
Von seinem Beliebtheitsgrad in der Gemeinde zeugen mehrere ihm gewidmete sorbische Gedichte, Dankesannoncen und großzügige Feierlichkeiten anlässlich seiner Jubiläen.
Durch seine Förderung wurde 1903 vor der Kirche das Denkmal für Major von Langen und das Kriegerdenkmal errichtet. Dafür verlieh ihm der Kaiser den Königlich Preußischen Kronenorden III. Klasse. 1905 folgte die Aufstellung des Denkmals für die 1758 Gefallenen Preußen. Dafür erhielt die Kirchgemeinde ein von Adolf Menzel gestochenen und von Kaiser Wilhelm II. signierten Stich der Schlacht bei Hochkirch.
1900 wurde Pfarrer Kubitz der Albrechtsorden I. Klasse und 1910 die dazugehörige Krone verliehen. Er starb am 13. April 1914 in Bautzen und wurde in Hochkirch beigesetzt.
Der Grabstein war wahrscheinlich ursprünglich mit Bleilettern gestaltet. Heute ist die Inschrift eingehauen und dunkel ausgemalt:
KARL AUGUST KUBITZ
Pfarrer i.R.
geb. d 23. Mai 1843 in Spohla
gest. d. 13. April 1914 in Bautzen
BERTHA JOHANNA KUBITZ
geb. Bleyl
geb. d. 20. Mai 1852 in Kamenz
gest. d. 6. Juli 1929 in Leipzig
1. Kor. 1,30
Bei der nicht entzifferbaren Inschrift auf dem unteren Teil des Grabsteines handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um den oben angegebenen Spruch 1. Kor. 1,30. Die verbliebenen Spuren der Inschrift legen die Vermutung nahe, dass der Spruch in sorbischer Sprache zitiert war. Also hatte die Inschrift vermutlich gelautet:
Wot kotrehož tež wy sće
w Khrysusu Jezusu, kotryž
nam je sčinjeny wot Boha
k mudrosći a k prawdosći
a k swjećenju a k wumoženju.
(= Von welchem auch ihr herkommt / in Christus Jesus, welcher / uns gemacht ist von Gott / zur Weisheit und zur Gerechtigkeit / und zur Heiligkeit und zur Erlösung.)
Mit Pfeife und Hut - so kennen die älteren Hochkircher gewiss noch den hochgewachsenen Mann, der die Geschichte der Kirchgemeinde und des Ortes Hochkirch zu keinem geringen Teil mitgeschrieben hat. Gustav Alwin Mürbe wurde am 22. Dezember 1882 in Großdehsa als Sohn des Gutsbesitzers Johann Mürbe und seiner Frau Anna Maria geb. Lehmann (aus Breitendorf) geboren. Seine sorbische Herkunft und die enge Verbindung zum Lande hat er immer im Bewusstsein gehalten. So kannte er die Sorgen und Nöte, aber auch die Vorlieben der Menschen in und um Hochkirch, denn er war ja auch einer von hier.
Doch bevor er nach Hochkirch kam, studierte er nach dem Gymnasium an der Universität in Leipzig Theologie. Lediglich für seinen Militärdienst unterbrach er sein Studium. 1908 unterzog er sich dem ersten theologischen Examen. Nur wenige Wochen später wurde er als Hilfsgeistlicher an die Seite des schon älteren Pfarrers Kubitz gestellt und fand somit schon früh einen guten Zugang zu den Menschen der Gemeinde. Als Pfarrer Kubitz am 01. Oktober 1910 emeritiert werden sollte, musste der Kirchenvorstand einen neuen Pfarrer wählen. Das Landeskonsistorium schlug folgende Bewerber vor: Pfarrer Gustav Saering aus Quatitz, Pfarrer Johann Heinrich Kappler aus Luppa und den Hilfsgeistlichen Gustav Mürbe. Einstimmig wurde Gustav Mürbe gewählt, doch musste er sich bis zum Amtsantritt noch der Wahlfähigkeitsprüfung (zweites theologisches Examen) unterziehen. Deshalb wurde die Emeritierung von Pfarrer Kubitz auf den 16. Oktober verschoben und Gustav Mürbe übernahm die Pfarrstelle vorerst als Pfarrvikar. Am 1. Advent 1910 (27. November) konnte dann Pfarrer Mürbe im deutschen Gottesdienst in sein Amt eingeführt werden, nachdem er im sorbischen Gottesdienst zuvor vorgestellt wurde.
Der Beginn seiner Amtszeit war gleich mit vielen Aufgaben verbunden. So sollte auf Anregung von Pfarrer Kubitz wegen der Größe der Gemeinde eine Teilung vorgenommen werden, so dass beispielsweise eine Hilfsgeistlichenstelle mit dem Sitz in Rachlau eingerichtet werden sollte. Doch 1913 wurde dieses Vorhaben aufgegeben.
In die gleiche Zeit (1913) fiel auch die Gründung des Christlichen Frauen- und Jungfrauenvereins Hochkirch. Hier versammelten sich Frauen, um gemeinsam über biblische Themen nachzudenken und um eine Unterstützung für bedürftige Menschen in der Gemeinde zu bewirken. Pfarrer Mürbe war auch hier ständiger Begleiter auf dem Weg.
Ebenso lag ihm viel an der Arbeit des 1924 gegründeten Posaunenchores. Gemeinsam mit Kantor Lodni, der ebenfalls vielen Hochkirchern noch in lebhafter Erinnerung ist, gestaltete Pfarrer Mürbe das Leben der Gemeinde, wobei ihm eine sehr aktive Gemeinde diese Aufgabe angenehm werden ließ.
Prägend für das kulturelle Leben seiner überwiegend sorbischen Gemeindeglieder in der Zeit der Weimarer Republik war das Wirken des sorbischen Turnerbundes ‚Sokoł' und des Gesangsvereins ‚Radosć'. Beide Verein spielten in der Auseinandersetzung mit dem aufkommenden Nationalsozialismus eine bedeutende Rolle.
Pfarrer Mürbe war sich seines Auftrages bewusst, er wandte sich daher auch immer entschieden gegen politische oder persönliche Interessen, die dem Auftrag der Kirche widersprachen. Das führte natürlich auch dazu, dass er sich nicht nur Freunde machte. Gerade in den massiven Veränderungen nach 1933 forderten den Kirchenmann heraus. Einige fühlten sich von ihm angegriffen und denunzierten ihn als einen Mann, der "... gegen den Staat predigt..." So behielt die Geheime Staatspolizei auch Pfarrer Mürbe im Auge.
Pfarrer Mürbe widmete sich in starkem Maße der Stärkung der sorbischen Identität. So hat er sich als Mitherausgeber eines sorbischen Gesangbuches große Verdienste erworben und koordinierte auch als Vorsitzender der wendischen Konferenz Aufgaben und Ziele zur Förderung der Sorben. Doch die Förderung der sorbischen Identität war den Nazis ein Dorn im Auge. So wurde auch - auf Betreiben der Geheimen Staatspolizei in Verbindung mit der deutsch-christlichen Kirchenführung - für einige Pfarrstellen in der Lausitz eine Neubesetzung angeordnet. Mit Wirkung vom 02. Januar 1941 wurde zunächst Pfarrer Mürbe in den Wartestand versetzt. Später bewarb er sich um die Pfarrstelle in Oelsa bei Dippoldiswalde. Am 20. März wurde dann Pfarrer Heinz Neustadt aus Radeburg als Pfarrer für Hochkirch gewählt und blieb hier bis 1946.
Am 01. Juli 1946 kehrte Pfarrer Mürbe als sorbischer Oberpfarrer wieder nach Hochkirch zurück. Hier gab es eine Menge zu tun. Die Gemeinde war nun nicht mehr die gleiche, wie noch 5 Jahre zuvor. Nicht nur dass durch den Krieg viele Menschen ihr Leben verloren, auch die Flüchtlingsfamilien gerade aus Schlesien suchten auch in Hochkirch eine neue Heimat. Pfarrer Mürbe ließ sich nicht entmutigen, wenngleich die wirtschaftlichen und politischen Bedingungen jener Jahre zusätzliche Schwierigkeiten mit sich brachten.
1949 setzte die Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens Pfarrer Mürbe als sorbischen Superintendenten ein und übertrug ihm damit die Aufgabe, die Interessen aller im Bereich der sächsischen Kirche lebenden evangelischen Sorben zu vertreten und für die Erhaltung der sorbischen Identität zu wirken.
Pfarrer Mürbe wusste stets, was er wollte und war darum seinen Zeitgenossen nicht immer einfach. Selbst Entscheidungen des Kirchenvorstandes konnte er vehement kritisieren. So lehnte er beispielsweise jede Verantwortung ab, als es darum ging, für die im Krieg verlorenen Bronzeglocken nicht wieder Bronze-, sondern Stahlglocken zu verwenden. Auch säumige Kirchgeldzahler wusste er zu benennen, so kam es auch vor, dass er mitten in der Predigt Gottesdienstbesucher auf ihre Außenstände hin ansprach. Doch auch den manchmal aufkommenden Predigtschlaf wusste er mit einem kräftigen "Feuer, Feuer!" jäh zu unterbrechen.
Na knjeza fararja a superintendenta Mjerwu sporninaja Serbja, wosebje wezo ewangelscy Serbja wokolo a wuchodnje Budyšina z wulkej cescownoscu.
Nimo jeho njezapomniteho, jadriweho a wurazneho wašnja predowanja ma so wuzbehnyc predywšem jeho skutkowanje za dobro serbskich wosadow a za Serbow swojeje Bukecanskeje wosady.
Zasadnje wotmejachu so w Bukecach w jeho dobje Serbske bože služby polnje runoprawne z nemskimi. Wukublanje dzeci w prihotowanju na Konfirmaciju so nemsce a serbsce prewjedzeše. Wužiwanje nemciny ze stron serbskich wosadnych njecerpješe, wosebje a doraznje dziwaše na wužiwanje serbšciny pola dzeci we swojej wosadze.
Pola - predywšem nemskeje - cyrkwinskeje wyšnosce je so wón jako serbski superintendent jara wo zajimy a naležnosce serbskich wosadow a serbskich weriwych prócowal.
Weit über sein Ruhestandsalter hinaus wirkte Pfarrer Mürbe in Hochkirch. Nach kurzer Krankheit starb er am 30. April 1958 75jährig. Wie viel Generationen hat er getauft, konfirmiert, getraut und beerdigt? Konfirmanden von damals erinnerten sich noch Jahrzehnte an seine warnenden Worte: "Ich habe Augen wie ein Luchs, ich sehe alles."
Bautzener Tageblatt vom 12.07.1933
25jähriges Amts- und Ortsjubiläum des Herrn Pfarrer Mürbe, Hochkirch
Hochkirch. 12. Sept. Morgen kann Herr Pfarrer Mürbe sein 25jähriges Amts- und Ortsjubiläum begehen. Viel Freude, aber auch schweres Leid zogen an ihm vorüber, denn gerade in einer Kirchgemeinde, zu welcher über 20 Ortschaften gehören, ist das Amt als Pfarrer und Seelsorger nicht leicht. In den vielen Jahren hat Herr Pfarrer Mürbe so manches Kind getauft und nach der Schulentlassung konfirmiert und hinaus ins Leben geführt. Viele Ehebündnisse wurden am Altar geschlossen und an so mancher Totenbahre hat Herr Pfarrer Mürbe gestanden wo es galt die tiefbetrübten Angehörigen zu trösten. Im Interesse der Kirchgemeinde musste auch noch vieles geschaffen werden, was zur Erhaltung und zum Auf- und Ausbau der Kirche gehörte. Hierin lag auch die Durchführung von größeren Baulichkeiten. Auch im sonstigen öffentlichen Leben hat der Jubilar mitgeschafft und dort, wo es zu helfen galt, mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Ganz besonderes Interesse hat er für die ländlichen Genossenschaften gehabt, weshalb er auch im Verwaltungsrat der Spar- und Darlehnskasse zu Hochkirch schon jahrelang mitarbeitet.
Am 13. September 1908 kam Herr Mürbe, dessen Geburtsstätte sich in dem nicht sehr entfernt liegenden Großdehsa befand, nach noch nicht vollendetem 26. Lebensjahr nach Hochkirch, wo er in den kirchlichen Hilfsdienst zur Unterstützung des damals amtierenden Herrn Pfarrer Kubitz trat. Er war einer von nur wenigen, die bereits nach dem ersten Examen in ein solches Amt berufen wurden. Hierbei war von einem besonderen Vorteil, daß er die wendische Sprache beherrschte. Bereits am 28. November 1910 wurde Herr Mürbe nach Ablegung der Wahlfähigkeitsprüfung Pfarrer von Hochkirch. Sein Vorgänger, Herr Pfarrer Kubitz, wurde nach jahrelanger segensreicher Wirksamkeit am 15. Oktober 1910 in den wohlverdienten Ruhestand versetzt.
Wie bereits angedeutet, ist in den vergangenen Jahren vieles gebaut und erneuert worden- In den Jahren 1910 und 1911 wurde das Pfarrhaus, welches fast unbewohnbar geworden war, innen und außen gründlich instand gesetzt. 1913 wurde das Kirchgemeindehaus gebaut, das zu einem Mittelpunkt für das kirchliche Gemeindeleben wurde, weil hier auch zwei geräumige Saale vorhanden sind, wo viele Personen zu Besprechungen, Vorträgen, Übungsstunden usw. zusammenkommen können. Während der Kriegszeit 1914-1918 wurden von dem weithin sichtbaren, historischen Kirchturm zwei Glocken herabgenommen, so daß nur noch eine erklingen konnte. Auch aus der Kirche mussten in dieser Zeit die großen Orgel-Prospekt-Pfeiffen abgegeben werden. 1919 wurde ein neues Glockengeläut beschafft und eingeweiht. Die Orgel-Prospekt-Pfeiffen wurden 1920 wieder beschafft. Hiermit war gleichzeitig die Abtragung der Orgel, gründliche Reinigung derselben sowie eine zartere Intonierung derselben verbunden. Ebenfalls wurde ein elektrisch betriebener Blasebalg eingebaut. Zu erwähnen ist auch, daß die elektrische Lichtanlage auch erst während des Krieges gelegt und immer mehr ausgebaut wurde. 1928 musste das Kirchendach vollständig erneuert und 1930 wieder neue Glocken angeschafft werden, weil die große von den 1919 beschafften Glocken gesprungen und das Geläut daher nicht mehr einwandfrei war. Während der Amtszeit des Herrn Pfarrer Mürbe wurde 1913 auch der parochiale Frauenverein gegründet, der schon so manche Not gelindert hat und den Schwachen und Kranken durch seine segensreiche Krankenpflege zur Seite stand. Während der Kriegszeit waren besonders große Aufgaben vom Frauenverein zu leisten. Auch Herr Pfarrer Mürbe hat es in dieser Zeit nicht leicht gehabt, denn der sonstige Dienst wurde noch durch Abhalten der Kriegsbetstunden, Sammlungen usw. besonders erhöht. Nach den Kriegsjahren wurde das Heldendenkmal 1914-1918 geschafft, welches die Namen so vieler gefallener Helden aus unserer Kirchgemeinde trägt. 1923 ist der Posaunenchor gegründet worden, welcher schon so oft die Herzen aller Gemeindeglieder erhoben hat.
Der Jubilar kann also auf eine arbeitsreiche, aber auch eine erfolgsgekrönte Amtszeit zurückblicken. Mit Einsatz aller seiner Kräfte hat Herr Pfarrer Mürbe seine Kirchgemeinde gefördert und das kirchliche Leben befruchtet und vertieft. Mit dem Ausdruck herzlichen Dankes verbinden sich zu seinem Ehrentage zugleich herzliche Wünsche persönlicher und beruflicher Art. Möge ihm weiterhin Kraft und Gesundheit zu gesegneter Arbeit beschieden sein!
Gerhart Laser wurde am 16. Oktober 1910 als Sohn Sohn eines sorbischen Postbeamten in Hirschfelde bei Zittau geboren. Nach dem Besuch des Zittauer Gymnasiums studierte er von 1930 bis 1934 Theologie in Leipzig und ein Semester in Wien. Während dieser Zeit erlernte er im jährlich stattfindenden Wendischen homiletischen Seminar bei Pfarrer Gustav Säring in Quatitz die sorbische Sprache. Als Vikar wirkte er von 1934 bis 1935 in Luppa. Seit 1935 war er zunächst als Vikar, dann als Pfarrer in Milkel tätig. Als Mitglied der Bekennenden Kirche und für sorbische Belange engagierter Geistlicher wurde er 1940/41 auf Betreiben hoher politischer Instanzen von der deutsch-christlichen Kirchenleitung Sachsens aus seiner Gemeinde und der Lausitz zwangsverwiesen. Von dieser Maßnahme waren außerdem betroffen die Pfarrer Gustav Mürbe in Hochkirch, Theodor Kappler in Bautzen und Gerhard Wirth in Kleinbautzen. Laser wurde zum 1. Januar 1941 nach Jöhstadt im Erzgebirge versetzt.
Im Herbst 1948 kehrte er als Pfarrer nach Göda in die Lausitz zurück. 1959 trat er in Nachfolge des verstorbenen Sorbischen Superintendenten Gustav Mürbe die Pfarrstelle in Hochkirch an. Dieser Stellenwechsel erfolgte nicht auf persönlichen Wunsch, sondern auf dringendes Bitten der Sorbischen Superintendenten, da in Hochkirch aufgrund der damals noch beträchtlichen Zahl sorbischer Gemeindeglieder ein sorbischer Pfarrer notwendiger erschien als im bereits weitgehend deutschsprachigen Göda. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand betreute er die Gemeinde als Altersvikar weiter bis 1979. Darüber hinaus war er nahezu bis zu seinem Tode für die Gemeindearbeit in sorbischer Sprache zuständig. Den Ruhestand verlebte er in der alten Schule in Hochkirch. Am 03. Juli 1992 ging er freiwillig aus dem Leben.
Gerhart Laser war drei Jahrzehnte Vorsitzender des Sorbischen Evangelischen Kirchentages. Bei dem fortschreitenden Mangel an sorbischen Geistlichen half er in vielen Gemeinden mit sorbischen Gottesdiensten aus. Er ist Verfasser sorbischer Theaterszenen sowie vieler Beiträge in der Zeitschrift evangelischer Sorben Pomhaj Bóh. Er war der letzte sorbische Geistliche in Hochkirch.